Gegenwärtig scheint Shiva, der in permanentem Erregungszustand und extrem unruhig Tänzelnde, vor Vishnu, dem schöngeistigen
Bewahrer, den göttlichen Richtungsstreit für sich entschieden zu haben. Die vielen kriegerischen Auseinandersetzungen aller Orten
sprechen auch dafür. Es ist nicht die Zeit des in sich ruhenden, schöpferisch träumenden Brahma, der Kreis hat sich noch nicht
geschlossen. Dennoch: wenn alles aus „Einem“ entsprungen ist, ist dann nicht alles, was danach kommt eine abweichende Variante,
eine mögliche Gestalt dieser Urform? Das wäre zumindest eine Erklärung für all die Avatare und Manifestationen ein und derselben
Energie, ob in tierischer, trans-humaner oder dämonischer Gestalt, die es von Shiva, Vishnu oder Brahma inklusive all ihrer weiblichen
Begleiterinnen gibt.
So schier unvorstellbar lang die einzelnen Zeitalter einer indischen Kosmologie auch dauern mögen, am Ende eines jeden Brahmanischen
Tages folgt unweigerlich die Brahmanische Nacht, und mit ihr die vollkommene Zerstörung von allem zu Nichts. So wird der Null Punkt
wiederhergestellt, von dem aus sich das ganze Universum mit all den möglichen Wesenheiten, Kräften und Ausgestaltungen von Neuem
aufbaut. Vielleicht rührt von daher auch jene Gelassenheit der Inder gegenüber einer mit absoluter Gewissheit eintretenden Schicksalhaftigkeit
der Zeit? Oder von einem bereits sehr früh angelegten, großen Wissen über die Mathematik, das zur intuitiven Erkenntnis führte: die Götter
sind zwar in ihrer Zeit unsterblich, aber nicht unendlich, denn sobald ihre Zeitspanne abgelaufen ist, vergehen auch sie, egal ob das nun
nach 4. 320 000 Jahren oder oder schon nach einem einzigen göttlichen Tag geschieht.

8 mächtige Shiva Lingas, die in ihrer weltlichen Erscheinung einfach Buxbäume waren, wurden zum Schutz vor der zerstörerischen Hitze
ihrer schöpferischen Urgewalt, in magentafarbenen Tüll gepackt und mit Hanfseilen verschnürt. Hier stehen sie nun und bewachen eine
bunte Szenerie von Menschen, Tieren und Halbgöttern.......